Wit(h)ness

m/Othering as wit(h)nessing

Dramaturgie oder Mothering? Iris Writze untersucht den fürsorglichen Akt, jemanden während seines kreativen Prozesses zu begleiten. 

Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025
Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025

Vor ein paar Jahren habe ich an einem Workshop namens „Who needs a dramaturg?" teilgenommen, in dem Guy Cools das Konzept des wit(h)ness vorstellte. Dazu gehörte eine Übung, bei der eine Person sich mit geschlossenen Augen bewegt und die andere sie von außen beobachtet, um sie davon abzuhalten, mit anderen zusammenzustoßen, die im Dunkeln tappen. Es ging nicht darum einzugreifen; nur darum, da zu sein.

Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025
Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025

Ich mochte François von dem Moment an, als er mich mit „Guten Morgen, Schatz!“ begrüßte. Ich kannte ihn kaum. Wir nahmen beide an einem einmonatigen Trainingsprogramm für Choreografie teil. Das Erste, was mir auffiel, war sein Rist. „It's my bread and butter, <Name>!“ – das sagte er nicht nur zu mir, sondern zu allen, die seine Staatsballett-Füße kommentierten. 

Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025

Meistens sah ich ihn mit seinem Shakti-Kissen um seinen Oberkörper gewickelt, wie ein Baby. Da waren Rauchpausen mit seinem blauen IQOS, der Geruch von Wärmecreme. Lange Nächte im Studio und asiatisches Essen um die Ecke, während wir uns beide auf unsere Showings Ende August vorbereiteten. 

Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025
Wit(h)ness – Angewandte Fotografie 2025

Noch mal August, ein Jahr später. François hatte eine Residency in genau demselben Space bekommen und so wurde sein Showing zu seinem ersten Solo weiterentwickelt. Ohne es zu merken, hatte ich nicht nur seine Performance miterlebt, sondern auch seinen kreativen Prozess. In gewisser Weise ist es eine intime Erfahrung. Als würde man seine ersten Zeichnungen mit seinen Eltern teilen. „Except now, they might be outside-eyes, dramaturgs, friends, or m/Others."

Ein Projekt zum Thema M(OTHER)ING, realisiert in Zusammenarbeit mit der Klasse für Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien unter der Leitung von Univ.-Prof. Maria Ziegelböck an der Universität für angewandte Kunst Wien. Entstanden im Rahmen des Kurses MATCH! #4 von Yasmina Haddad.

Die Wechselbeziehung zwischen Fotografie, Mode und Casting wird untersucht und dabei der Fokus auf die Beziehung zwischen Fotograf*in und Fotografierten gelegt – und umgekehrt. Die Mutterfigur ist dabei nicht biologisch gemeint, sondern wird durch Handlungen der Fürsorge betrachtet: 

m(other)ing is a verb.

mothers mother

fathers mother

friends mother

(you can be the mother of a house)

Are you maternal? Or are you mom? Like, queen?*

 

Iris Writze lebt und arbeitet in Wien. Sie hat Translation studiert, doch in ihrer Kunst übersetzt sie hauptsächlich Körpersprache in Fotografie, Video oder Performance. François-Eloi Lavignac ist ein französischer Choreograf und Tänzer, der als freischaffender Künstler in Wien arbeitet. Sein Solo „Fifth position" wird im November im brut gezeigt. 

Fotografie: Iris Writze

Performer: François-Eloi Lavignac 

Ort: Bears in the Park 

Papa, 2025

Text: Fotos: Francis Grill

Papa, 2025 – Angewandte Fotografie 2025

Die Arbeit ist ein Porträt meines Vaters und unserer Beziehung. Die Veränderung seines körperlichen Zustands in den letzten Jahren fordert uns heraus, zu überdenken, wie wir füreinander sorgen können. Welche Art von Unterstützung ist jetzt möglich? Welche neuen Möglichkeiten können vielleicht sogar entstehen?

Mother's Daughter

Text: Fotos: Anna Skuratovski

Das fortlaufende Projekt porträtiert Individuen aus unserer Community – einschließlich uns selbst – in Kleidung, die von Mutterfiguren an uns weitergegeben wurden. 

Mother's Daughter – Angewandte Fotografie 2025

Mutti Modus

Text: Fotos: Jasmin Biber

Mutti Modus – Angewandte Fotografie 2025

Was passiert, wenn wir Mothering nicht länger als identitätsstiftende Funktion verstehen, sondern als gelebte Praxis? Wenn wir es nicht an biologische Familie binden, sondern dorthin verlagern, wo wir leben – in Freund*innenschaften, queere Netzwerke, temporäre Allianzen? Wenn es nicht mehr darum geht, wer man ist, sondern wie man für andere da ist?