Semisensory

Betäubte Haut, gefühllose Fingerspitzen, verschleierte Augen und ausgehöhlte Figuren. Nicht greifbar und doch sichtbar, unhörbar und doch spürbar, unsichtbar und doch laut – semisensorisch. Dieses Projekt ist eine Meditation über Dissoziation und Distanz, über Präsenz und Abwesenheit und über Gefühle – teilweise, unvollständig. 

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Eine visuelle Meditation über ferne Intimitäten – Beziehungen, die tief empfunden werden, aber dennoch teilweise unerreichbar bleiben. Was als visuelle Metapher für Dissoziation und ein abgestumpftes Erfahrungsbewusstsein begann, entwickelte sich zu einer Geschichte über Beziehungen, die ebenso von tiefer Nähe wie von ihrer inhärenten Distanz geprägt sind.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Im Mittelpunkt des Projekts steht die komplexe, vielschichtige Bindung zwischen Mutter und Kind, die durch eine einzigartige innige Verbindung, aber auch durch ihre Trennung gekennzeichnet ist.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Diese Trennung ist nicht nur wörtlich zu verstehen, denn man wird seine Mutter immer nur als Mutter kennen – niemals als die Person, die sie vor einem war, niemals als die Versionen von ihr, die ohne einen hätte existieren können. Hier liegt eine Zärtlichkeit, aber auch eine Zerrissenheit: Eine asymmetrische Intimität, geprägt von Fürsorge, Sehnsucht und der Unmöglichkeit, jemanden vollständig zu kennen oder selbst vollständig erkannt zu werden.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Diese metaphorische Distanz wird in der eigenen Erfahrung des Künstlers buchstäblich: Seit drei Jahren wird die gesamte Kommunikation mit seiner Mutter durch einen Bildschirm gefiltert, wodurch eine zusätzliche Ebene der Trennung entsteht, in der Mutterschaft sowohl im übertragenen Sinne als auch technologisch vermittelt wird. Körperliche Abwesenheit, verzögerte Berührungen, fragmentierte Stimmen – all dies trägt zu einem Gefühl der Teilhaftigkeit bei.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Bei „Semisensory“ geht es aber auch darum, wie sich Fürsorge in Abwesenheit entwickelt: Der Künstler und seine Freunde, allesamt internationale Student*innen, fern der Heimat, lernen, sich gegenseitig auf stille, improvisierte Weise zu umsorgen. Diese Neukonfiguration von Intimität ist sowohl gemeinschaftlich als auch fragil und verankert das Werk in Gesten der Zärtlichkeit und Selbsterhaltung.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Das Projekt untersucht diese Dissonanz anhand visueller Metaphern, die diese vielschichtige Entfremdung hervorrufen: ausgestreckte Arme, an das Licht gedrückte Wangen, Fingerspitzen, die keine Verbindung herstellen können – alles Gesten der Zuneigung, die niemals ganz zum Kontakt führen. Die Empfindung ist nur teilweise vorhanden – nicht abwesend, aber abgestumpft. Der Körper wird zu einem Ort des halben Gefühls.

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025
Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

In der gesamten Serie wechseln die Bilder zwischen emotionaler Sanftheit und sensorischer Entfremdung. Verschleierte Augen, sich schälende Haut, verschwommene Identitäten und taktile Details, die an einen Körper erinnern, der in der Ferne lebt und dennoch darum kämpft, vollständig zu fühlen. Die Serie thematisiert Dissoziation nicht als Losgelöstsein, sondern als eine langsame, schmerzhafte Art der Präsenz – wie das Greifen durch Nebel oder das Hören durch Glas. 

Semisensory – Angewandte Fotografie 2025

Semisensory erforscht die Schönheit und die Schwierigkeit von Fürsorge, die vermittelt, distanziert und unvollständig ist. Es verweilt in der stillen Zwischenwelt: Präsenz und Abwesenheit, Erinnerung und Verkörperung, Empfindung und Stille, und fragt, was es bedeutet, Nähe ohne Klarheit zu erleben, die Spur der Präsenz eines anderen zu spüren, ohne jemals vollständig Kontakt aufzunehmen.

Ein Projekt zum Thema M(OTHER)ING, realisiert in Zusammenarbeit mit der Klasse für Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien unter der Leitung von Univ.-Prof. Maria Ziegelböck an der Universität für angewandte Kunst Wien. Entstanden im Rahmen des Kurses MATCH! #4 von Yasmina Haddad.

Die Wechselbeziehung zwischen Fotografie, Mode und Casting wird untersucht und dabei der Fokus auf die Beziehung zwischen Fotograf*in und Fotografierten gelegt – und umgekehrt. Die Mutterfigur ist dabei nicht biologisch gemeint, sondern wird durch Handlungen der Fürsorge betrachtet: 

m(other)ing is a verb.

mothers mother

fathers mother

friends mother

(you can be the mother of a house)

Are you maternal? Or are you mom? Like, queen?*

 

Fotografie: Ojas Wit

Models: Vanessa Szopory, Purva Dua, Zola Neri 

Nageldesign: Paria Shahrestani 

M steht für Merlinka

Text: Fotos: Pavle Banović

M steht für Merlinka – Angewandte Fotografie 2025

Vjeran Merlinka ist die erste öffentlich erklärte Trans Person im ehemaligen Jugoslawien. Nachdem ich einen Teil ihres Lebenswerks vor der Zerstörung bewahrt hatte, wollte ich über ihr Vermächtnis und ihre Lebensweise nachdenken – furchtlos, selbstbestimmt und wunderschön.

Statements, Icons and Legends

Text: Fotos: Amina Ben Hassen & Daniel Wendt

Olivia, Arsany und Carlos – Voguing-Tänzer*innen aus der Wiener Ballroom-Community

M(other)ing – Angewandte Fotografie 2025

Anatomie einer Verbindung

Text: Fotos: Laura Sauer

Anatomie einer Verbindung – Angewandte Fotografie 2025

Eine Verbindung ist nicht nur ein Faden, nicht nur eine Linie, die zwei Punkte miteinander verbindet. Sie ist eine lebendige Struktur, eine ganz eigene Anatomie. Sie biegt sich und reißt, dehnt sich und zieht sich zusammen, sie atmet