Haute Cuisine für Tiere

Flauschige Hasenohren als Vorspeise, Gourmet-Mousse mit Thunfisch zum Dessert

Was Tiere einst selbst jagten, müssen Menschen für sie heute aufwendig produzieren, harmlos und stylisch verpackt. Wir haben Inhaltsstoffe, Konsistenz und Geruch „geprüft“, für den Geschmackstest ließen wir unseren tierischen Freundinnen den Vortritt – Mahlzeit!

Text: Luna Winter, Fotos: Vivienne Aubin, Kreativkonzept & Produktion: Luna Winter

Es begann alles mit Weizenmehl, Gemüse, Roter Bete und Rinderblut, aus dem der amerikanische Geschäftsmann James Spratt um 1860 in England einen der ersten Hundekuchen geformt haben soll. Seitdem kennt der Erfindungsreichtum für Tierfutter-Rezepte keine Grenzen. 

Katzen verspeisen Rinder, hineingepresst in feinstes Geschirr. Haustiere bekommen die gehäckselten Augen anderer Artgenossen – oder sogar eigener? – aufgetischt, die sie in freier Wildbahn nie essen würden. Fleischabfälle mit Giftstoffen – und am Ende wenig Fleisch darin – werden Herrchen und Frauchen für teures Geld als Delikatessen angedreht. 

Es war einmal vor langer Zeit, da lebten die Tiere in freier Wildbahn und wussten, wie sie sich ohne menschliche Hilfe selbst versorgen konnten. Der Mensch ist heute ihr Nahrungslieferant und hat das Konsumspiel perfektioniert. Die animalische „Speisekarte“ reicht von veganen Alternativen über farbenfrohe Wackelpudding-Lookalikes bis hin zu Geflügelpaste an Petersilie. Minderwertige Schlachtabfälle wie Euter, Hufe, Federn und Knochen verschwinden als „tierische Nebenerzeugnisse“ im Kleingedruckten – der Nährwert ist oft wenig. 

Um das für den Menschen eklige Futter bunt, appetitlich und niedlich zu zaubern, werden künstliche Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker, Zucker oder sogar Natriumnitrit in Kauf genommen. Letzteres ist giftig, Zucker schädlich, aber egal, immerhin ist das Futter „schöner“ und riecht angenehmer – Tierfutter für wen?

 Fakt ist, dass immer mehr Vierbeiner an Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien leiden. Viele Hunde und Katzen vertragen die industrielle Haustiernahrung nicht, leiden an Verdauungsbeschwerden und Juckreiz. Immerhin: Angeblich wird für Tierfutter nicht extra gezüchtet und geschlachtet.  

Erst ab einer höheren Dosis schädlich, aber dafür umso skurriler ist Roh-Asche, die bei den Zutaten von Hunde- und Katzenfutter aufgelistet wird. Durch das Erhitzen organischer Bestandteile bleiben die anorganischen Rückstände als Asche übrig – sogar wichtig, um Mineralstoffe wie Kalzium und Phosphor aufzunehmen, aber nur in Maßen zu genießen. Tierfutter stinkt. Die Frage ist, ob das Futter degoutant ist oder der Mensch seine Ästhetik und Werte – unbewusst oder bewusst – über die Gesundheit seines Haustieres stellt.

Das Fotoshooting zu diesem Beitrag war eine olfaktorische Herausforderung für Luna Winter, die Vegetarierin ist. Eine Packung, die sie im Tierhandel bestellte, enthielt unbeabsichtigt lebendige Heuschrecken. Ihr wurde aber dringend davon abgeraten, diese auszusetzen, weil sie die Biobalance aus dem Lot bringen würden. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sie schweren Herzens verhungern zu lassen (was nur einen Tag dauerte).