Die Designerin des Monats: Ivana Steiner

Mehr Glamour!

Skandinavisches Understatement? Naturholztische, Bastkörbe, beige Sofas? Nichts für Ivana Steiner! Die österreichische Möbeldesignerin mag es bunt, opulent und extravagant. Ihre Tische, Lampen und Stühle bezeichnet sie als Schmuckstücke. Wir sprechen mit ihr darüber, warum Luxus und Nachhaltigkeit nicht unbedingt ein Widerspruch sein müssen und Chancengleichheit in der Branche noch lange nicht erreicht ist.  

„Hang zur Extravaganz.“

Worauf sitzt Du gerade?

Auf einem Stuhl mit Stahlbeinen und violetter Lehne. Meine Wohnung ist bewusst schlicht gehalten, die Möbel sind alle weiß oder grau, hie und da gibt es ein paar violette Akzente. Die Einrichtung ist ein Gegensatz zu meinen mitunter sehr extravaganten Designs. Ich brauche diese visuelle Stille für meine Kreativität!

Minimalismus, Reduktion und Simplizität sind gerade en vogue. Deine Möbel sind so ziemlich das Gegenteil davon. Ein Plädoyer für die Opulenz?

Schlichtes, skandinavisches Design hat durchaus seinen Reiz, in meinem Herzen bin ich aber Italienerin. Ich liebe es bunt und verspielt! Meine Möbel betrachte ich als Schmuckstücke, man braucht nicht die ganze Wohnung damit einzurichten, aber ein oder zwei davon haben eine tolle Wirkung.

Wo ist für Dich die Grenze zum Kitsch?

Oft wird Kitsch mit Farben wie Gold oder Purpur assoziiert. Ich finde aber, ein beiges Sofa kann genauso geschmacklos sein wie ein rotes. Wir brauchen Mut zur Farbe, die Welt ist ohnehin viel zu grau! Kitsch hängt für mich viel eher mit der Form eines Möbelstücks zusammen – ist sie elegant und gewagt oder allzu vorhersehbar?

„Die Welt ist ohnehin viel zu grau! “

Luxus und Nachhaltigkeit – ein Widerspruch?

Das hängt davon ab, womit gearbeitet wird. In der Materialentwicklung passiert so viel, auch für knappe Ressourcen gibt es mittlerweile gute Alternativen. Künstlicher Marmor sieht so täuschend echt aus, dass er von der Optik her kaum von echtem zu unterscheiden ist. Ich versuche, als Designerin auf einen solchen Ersatz auszuweichen, denn unsere Ressourcen sind enden wollend.

Was ist für Dich gutes Design?

Ich mag es, wenn Möbelstücke Emotionen hervorrufen, deswegen habe ich wohl auch einen Hang zur Extravaganz. Kein Fan bin ich vom aktuellen Vintagetrend, denn ich finde, dass Design, bis auf ein paar zeitlose Ausnahmen, zeitgebunden sein sollte. Im Jahr 2021 sollten wir Möbel besitzen, die für Menschen, die im Jahr 2021 leben, gemacht sind! Aktuell herrscht ja eine recht deprimierte Stimmung, da braucht es nicht noch mehr unifarbene Designs!

„Ich liebe es, mit Dingen zu brechen.“

Wie trifft die Corona-Krise die Designbranche?

Schon vor der Pandemie haben die Möbelfirmen stark abgewogen, was sich verkaufen wird und was nicht. Das hat sich durch die Krise noch weiter verstärkt und geht zulasten der Experimentierfreudigkeit. Unternehmen setzen zunehmend auf eine Handvoll etablierter, vor allem männlicher, Stardesigner, die sich gut vermarkten lassen. Ich sehe das sehr kritisch, denn jüngere Designer, die noch nicht so etabliert sind, haben dadurch weniger Chancen, ihre Produkte in den Kollektionen großer Firmen unterzubringen.

Du sprichst an, dass es vor allem männliche Stardesigner sind ...

In einem Branchenmagazin gab es dieses Jahr eine Auflistung der „hundert kreativsten Designer“. Ich habe eine Stricherlliste gemacht, dabei kam heraus, dass von diesen nur 30 Frauen waren und von diesen wiederum nur 19, die ihr Büro nicht gemeinsam mit einem Mann führen. In den Designhochschulen sind die Geschlechterverhältnisse noch ausgeglichen, in der Praxis verschwinden die Frauen aber. Das hat, denke ich, nicht nur mit der Familienplanung zu tun, sondern auch damit, dass Unternehmen männlichen Designern mehr Vertrauen entgegenbringen. Die Entscheidung, welche Möbel produziert werden, ist immer eine riskante, bei der es um viel Geld geht – da setzen Firmen eher auf Männer, besonders in der derzeitigen Krise. Ich möchte als Designerin keine Opferrolle einnehmen, aber ich fordere Fairness und gleiche Chancen. 

„Ich skizziere viel, meist ziemlich hässlich.“

Vor Deiner Karriere als Möbeldesignerin hast Du als Architektin gearbeitet und Klassen der Architektinnen Zaha Hadid und Farshid Moussavi besucht. Wie beeinflusst Dein architektonischer Hintergrund Deine Designs?

Möbel sind für mich keine Solo-Objekte, sondern immer raumbezogen. Im Moment designe ich Lampen für eine spanische Firma, mit denen ich eine Struktur an der Decke schaffen möchte. Einrichtung findet nicht nur am Boden statt! 

Du arbeitest mit den Materialien Glas und Metall, die vor allem in der Architektur eingesetzt werden. Was fasziniert Dich an diesen Materialien?

Ich liebe es, mit Dingen zu brechen und ein hartes Material wie Edelstahl durch Formen und Muster weich erscheinen zu lassen. An der Arbeit mit Glas reizt mich das Ausloten der Grenzen des Machbaren. Ich habe etwa einen kugelförmigen Glastisch in meiner Kollektion, dessen Produktion eine große Herausforderung ist!

Vom Entwurf zum fertigen Produkt: Schildere uns Deinen Designprozess!

Ich skizziere viel, meist ziemlich hässlich, aber meine Skizzen müssen auch nicht schön sein, sie sollen ja nur den Zweck erfüllen, meine Ideen festzuhalten. Dabei lasse ich mich oft von Modemagazinen inspirieren! Im nächsten Schritt zeichne ich Pläne, danach entwerfe ich 3D-Modelle. Wenn ich eine Firma gefunden habe, die mein Projekt produziert, geht es in die Produktion.

Dein Lieblingsmöbelstück?

Ich mag den berühmten, würfelförmigen LC2 Sessel von Le Corbusier. Wenn ich mich da hineinsetze, fühle ich mich, als ob ich in einem Club wäre! Obwohl der Stuhl 1928 entworfen wurde, schaut er nicht aus wie ein Vintage-Möbel. Er ist heute noch modern und wird es auch in 50 Jahren sein. Einfach zeitlos!

Vielen Dank für das Gespräch!

ivanasteiner.com
instagram.com/ivanasteiner_design
Ivana Steiner ist Architektin und Möbeldesignerin. An der Universität für Bildende Kunst studierte sie Architektur bei Farshid Moussavi, danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Grafik-Designerin. Ivana Steiner unterrichtete mehrere Jahre an der Technischen Universität Wien, ihre Arbeiten wurden mit dem Pfann-Ohmann-Preis ausgezeichnet.

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