Die Kugellautsprecher

Produziert und Erfunden in Wien

Am Anfang war es die Liebe zur Musik und dann ein kugelförmiger Lautsprecher aus Porzellan. Xiane Kangelas und Ronald Jaklitschs Wiener Unternehmen mo°sound vertreibt seine überaus wohl klingende Erfindung „Made in Austria“ mittlerweile europaweit. Seit kurzem gibt es sogar eine Premium Edition in Zusammenarbeit mit der Wiener Porzellan-Manufaktur Augarten. Lokaler geht’s nicht.

Antje Mayer-Salvi: Wie kommt man auf die Idee, Lautsprecher in Kugelform und dann auch noch aus Porzellan herzustellen?

Xiane Kangelas: Die runde Form und das Material ist nicht irgendein Designding, sondern hier folgt die Form tatsächlich der Funktion. Mein Geschäftspartner Ronni (Ronald Jaklitsch Anm. d. Red.) verlor seine Lautsprecher vor Jahren bei einem Umzug. Statt sich neue zu kaufen, beschloss er, sich die „weltbesten“ selbst zu bauen. Er ist ein Tüftler und ein Perfektionist! Eine befreundete Porzellankünstlerin, Anne Wolf, inspirierte ihn, es doch einmal mit dem Porzellan zu versuchen. So fing alles an.

"Der Härtegrad von Porzellan liegt eine Stufe unter dem von Diamanten!"

Hat das schon mal jemand anderer davor versucht?

Nein, das sind die ersten Kugellautsprecher weltweit aus Porzellan. Aus Wien. Das Material ist extrem stabil und massiv. Der Härtegrad von Porzellan liegt eine Stufe unter dem von Diamanten. Die Eigenschwingung wird auf ein Minimum reduziert, was störende Vibrationen verhindert. Der Klang bleibt präzise und klar. Das war die Theorie (lacht). Bis die Teile serienmässig hergestellt werden konnten, dauerte es dann aber doch noch zwei bis drei Jahre.

Zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 2011, bist dann Du zum Team gekommen?

Wir hören gemeinsam stundenlang Musik. Ronni und ich lieben Musik, das ist der Motor von allem. Und ich liebe ehrliche, schöne und kluge Produkte. Wir gründeten also gemeinsam mo°sound und jetzt vertreiben wir die Lautsprecher „Made in Vienna/Austria“ bereits europaweit; was halt geht, wenn man zu Zweit ist. Dann kam mehr zufällig der Concept Store im 7. Wiener Bezirk dazu. Ein Freund fragte uns, ob wir das Lokal in der Kirchengasse übernehmen wollen. Wir sprangen ins kalte Wasser ...

... und landete gut! Was gibt es bei Euch im Geschäft zu kaufen?

Schöne Designprodukte aus Österreich. Wir merken schon, dass es gut ist, wenn es einen analogen Ort gibt, wo wir den Kunden unsere Lautsprecher persönlich erklären und sie Probe hören können. Der Musikkritiker Walter Gröbchen, der seinen Monkey Music Verlag mit einer angeschlossenen Kommunikations- und Consulting-Agentur ums Eck betreibt, besucht uns zum Beispiel regelmässig für einen Tratsch. Wir bieten einiges: Etwa eine Selektion an Schallplatten, die das Audiocenter am Judenplatz im 1. Bezirk für uns zusammengestellt hat. Das ist einer der ältesten Plattenläden der Stadt. Und wir verkaufen natürlich auch Audiozubehör, unter anderem von Pro-Ject Audio Systems. 1990 von unserem Freund Heinz Lichtenegger gegründet, zu einer Zeit als alle nur von CDs sprachen. Legendär und auch „Made in Austria“!

"Meine Enkel werden staunen, dass es früher eckige Lautsprecher gab!"

Kugeln klingen wirklich besser?

Ja, klar. Sie sehen nicht nur gut aus. Schall breitet sich kugelförmig aus. Ohne parallele Wände, ohne Ecken und Kanten kommen sich die Schallwellen im Inneren der Kugel nicht in die Quere. Nach außen kann sich der Schall in alle Richtungen ausbreiten. Du erlebst den Klang im Raum, als ob Du mittendrin stehst.

Warum sind dann die gängigen Lautsprecher eckig?

Weil sie leichter serienmässig herzustellen sind. Ronni meinte: Ich will, dass mich meine Enkel mal mit staunenden Augen betrachten, wenn ich ihnen erzähle, dass es vor langer, langer Zeit eckige Lautsprecher gab.

Sind Eure Kugellautsprecher eine ernst zunehmende Konkurrenz zu diesen Riesenboxen, die HiFi Freaks zuhause stehen haben?

Ich finde schon. Diese großen Dinger haben viel Material, das sehr träge ist und erst bei hoher Lautstärke ihre Qualitäten entwickeln. Wann können wir im Alltag schon extrem laut Musik hören? Unser Kugellautsprecher sind sehr flink und funktionieren am besten in der mittleren Lautstärke, in der wir auch sprechen. Auf das ist unser Gehör am besten eingestellt. Aber klar, unsere Lautsprecher sind weniger basslastig. Das ist halt Physik. Dafür kann man die Kugelform in jeden beliebigen Winkel ausrichten.

Wo werden die Porzellankugeln hergestellt?

Bei Weimarer Porzellan in Deutschland, zusammengebaut werden die Lautsprecher in Wien. Seit vergangenem Jahr haben wir eine Kooperation mit der traditionsreichen Wiener Porzellan-Manufaktur Augarten, was absolut fantastisch ist. Die haben sich sogar bei uns gemeldet.

Augarten Porzellan hat sich bei Euch gemeldet?!

Vor zwei Jahren fragten sie uns, ob wir nicht gemeinsam was machen wollen. Wir haben natürlich freudig zugesagt. Wir wollten größere Kugeln, Weimar konnte die aber nicht produzieren. Die Kugelform scheint vermeintlich einfach, ist aber extrem schwer in Porzellan herzustellen. Sie müssen absolut rund sein, dürfen keine Risse oder Dellen haben. Porzellan wird bei 1.200 Grad gebrannt, hat einen Schwund von 15 Prozent, die Stützen im Inneren so einer Kugel müssen sozusagen mit schwinden. Die Handwerker bei der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten haben letztlich 18 Monate für die Entwicklung des Verfahrens und die richtige Porzellanmischung gebraucht, bis sie es endlich hinbekommen haben. Wir haben große Hochachtung vor wunderbaren Formenbauern, Produktionsleitern und den anderen Handwerkern und Porzellankünstlern die nicht locker gelassen haben.

Die Augarten-Lautsprecher mit 23 Zentimeter Durchmesser kosten nun eben auch das Dreifache vom Classic Modell mit Weimarer Porzellan mit 17,5 Zentimetern, die um die 900 Euro zu haben sind!

Das ist klar. Augarten ist sozusagen die Premiumklasse. Der Classic in Weiss ist bei uns immer noch der Bestseller. Gibt es auch in Schwarz im übrigen. Wir bieten verschiedene Modelle für verschiedene Budgets an. Seit kurzem haben wir sogar einen Lautsprecher für knapp 350 Euro im Angebot. Aber nicht in Porzellan. Den eckig-runden Rock Speaker haben wir gemeinsam mit dem Wiener Design- und Architektur Büro mostlikely entwickelt. Der wird von einem 3D Drucker in allen möglichen Wunschfarben hergestellt. Man muss halt knapp eine Woche warten. Wir produzieren sie auf Bestellung, so können wir den Preis halten.

Und wie klingt der Rock Speaker?

Für diese Preisklasse ziemlich gut. 3D Drucker sind schon eine fantastische Sache. Ronni konnte durch das günstige Herstellungsverfahren einfach viele Modelle ausprobieren, bis er die optimale Klangkörperform gefunden hatte.

Wie kommt Ihr in der nerdigen HiFI Welt an?

Auf den Messen bin ich oft die einzige Frau, mal abgesehen von den Hostessen vielleicht. Da bekommt man so Sprüche zu hören, wie: Sie sehen ja nicht nur nett aus, sie können auch sprechen. Das nervt. Im Geschäft kommen die meckernden Schlaumeier vorbei und die Fans gleichermaßen. Dieses Ding „Österreich, Sound, Porzellan“ kommt schon super gut an, aber das Um und Auf ist, unser Projekt den Leuten persönlich zu erklären. Immer wieder. Das ist der Erfolg.

Im Rahmen des Symposiums: – Crafted in Vienna. Wien produziert – am 12. Mai 2016 im Brick-5, werden Xiane Kangela von mo°sound und Wolfgang List von mostlikely ihre eigenen und gemeinsamen Projekte vorstellen. Im Anschluss diskutieren sie mit Elke Rauth, Chefredakteurin von dérive– Zeitschrift für Stadtforschung über lokale Produktion.

mo° sound store Vienna
Kirchengasse 40
1070 Wien

Öffnungszeiten:
Mi - Fr.:  13 – 19 Uhr
Sa: 13-17 Uhr


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